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Stand: 20.10.2016

arbeitsplatz caritas

Arbeitsplatz Caritas

Menschen abholen, wo sie im Leben stehen

 FRG | "Hätte vor zwölf Monaten uns jemand erzählt, die Bilder aus China werden uns einholen", urteilt Kreis-Caritaschef Josef Bauer im Rückblick auf das vergangene Jahr. "Keiner hätte es geglaubt. Jetzt wissen wir: Weit weg ist tatsächlich näher, als man glaubt!"

Gemeindecaritas - tut das wirklich Not?

Über 40 Jahre hat Margarethe Aigner das Wirken und die Geschicke des Caritasverbandes als Mitarbeiterin begleitet: Einrichtungen wurden neu geschaffen, alte aufgelöst. Viele Kollegen und Kolleginnen kamen und gingen. Gesellschaftliche Normen veränderten sich, die ganze Welt veränderte sich. "Aber eines ist immer gleichgeblieben, wenn auch in sich wandelnden Formen", weiß Margarethe Aigner. "In der Nachfolge Jesu Christi ist die Caritas aufgerufen, jeden Menschen mit Liebe zu sehen und mit Anerkennung und Wertschätzung zu begegnen!" Das gilt gleichermaßen für Klienten wie für die hauptberuflichen Mitarbeiter. "Jeder, der bei der Caritas arbeitet, ist sich dessen bewusst!" Wie viele ihrer Kollegen bringt sich Marga Aigner seit vielen Jahren auch in ihrer Freizeit für den "Dienst am Nächsten" ein: als ehrenamtliche Vorsitzende im Pfarr-Caritasverband Böhmzwiesel, als Lektorin, als Kommunionhelferin und als aktives Mitglied in der Pfarrgemeinde. Sie wird bei Überführungen eingesetzt, bei der Leitung von Wortgottesdiensten und bei Totenandachten. Auch für ihre nächsten Angehörigen brachte sich Marga Aigner, trotz Doppelbelastung, in der Pflege der Eltern über fast 10 Jahre ein.

Am Anfang eher skeptisch

"Als ich 1980 meinen Dienst im Kreis-Caritasverband Freyung-Grafenau antrat", erinnerte sich Aigner, "geschah das auf Weisung durch das Arbeitsamt. Ich sollte für ein halbes Jahr eine Schwangerschaftsvertretung hier übernehmen." Bis dahin war die Arbeit bei der Caritas für die dreifache Mutter und bald fünffache Oma absolutes "Neuland". "Ich hatte keine Informationen. Kannte diese Organisation nicht." Gerade einmal 5 Einrichtungen mit ca. 40 Mitarbeitern gab es zu dieser Zeit. "Der Geschäftsführer wirkte als Sozialarbeiter. Gemeinsam mit einem weiteren Sozialpädagogen waren die beiden für ein breites soziales Potpourri zuständig: angefangen bei der Suchtberatung bis hin zu Betreuungsleistungen. Eine Kugelkopfmaschine mit Korrekturband war die modernste Ausstattung!" Das hat sich über die Jahre sehr verändert. Mehr als 450 hauptberufliche Mitarbeiter zählt der katholische Wohlfahrtsverband in der Region jetzt. Um die 50 Einrichtungen, Projekte, Dienste und Beratungsstellen sind zwischenzeitlich in der regionalen Trägerschaft des Caritasverbandes FRG angesiedelt. Die Leitung eines der größten Arbeitgeber im Landkreis ist vor drei Jahren auf ein hauptberufliches Vorstandsteam (Josef Bauer und Alexandra Aulinger-Lorenz) übertragen worden. Ein siebenköpfiger Aufsichtsrat kontrolliert und berät seit 2017 die Verbandsentwicklung ausnahmslos ehrenamtlich.

Pastorale Mitarbeiter- und Gemeindearbeit

Begonnen hatte alles für Marga Aigner mit der Vermittlung von Mütter-Kind-Kuren, Senioren- und Kindererholungen. Mit steigender Mitarbeiterzahl änderte sich für eines der "Urgesteine" in der regionalen Caritasarbeit auch das Aufgabenfeld: "Vor 14 Jahren entschied das Management, eine Stelle für das Gemeinde- und  Mitarbeiterpastoral zu schaffen: "Mir wurde diese schöne Aufgabe übertragen", freut sich Aigner. "Die Organisation von regionalen Besuchsdiensten war mein erstes Projekt." Vier Jahre später begann die rührige "Caritäterin" mit dem Aufbau des jungen Ehrenamts in der "youngcaritas". Viele ganz junge Landkreisbürger haben zu einem ehrenamtlichen sozialen Engagement in KITAs und Seniorenheimen gefunden. Auch ihre Kolleginnen und Kollegen betreut Aigner seit vielen Jahren seelsorgerlich. "Es war den Verantwortlichen wichtig, auch unsere Mitarbeiter in diesem Bereich professionell begleiten zu können!" Das war für Aigner die ‚Geburtsstunde‘ der sog. Mitarbeiter-Pastoral. Seit vielen Jahren werden bei eigenen "Willkommenstage" in der Kreis-Caritas neue Kollegen und Kolleginnen begrüßt. Mit den "Perlen der Caritas" wurden sog. "Auszeit"-Tage für Caritas-Einrichtungen geschaffen, die bedeutende Re- und Neustrukturierungen in Kauf nehmen mussten. Ganz neu wurden im letzten Jahr dann die Ehrentage eingeführt, für Mitarbeiter, die seit 20 Jahren und länger im regionalen Sozialverband angestellt sind. "Unsere Mitarbeiter sind unser ‚Schatz‘: Jede unserer Einrichtungen steht und fällt mit den Mitarbeitern", erklärte Alexandra Aulinger-Lorenz (hauptberuflicher Vorstand). "Es tut uns als Verband daher gut, diese zu ‚pflegen‘ und sich um deren Wohlergehen zu kümmern. . Und daher ermöglichen wir ihnen auch seelsorgerische Gespräche: Sei es bei einer persönlichen Krise oder einem Schicksalsschlag. Damit sie einen profunden und qualifizierten Partner auf Augenhöhe haben."

Ausnahmejahr 2020

Die Pandemie begleitet auch die Caritasarbeit mit vielen neuen Herausforderungen. Bereits zu Beginn wurde klar: neue Wege in der Mitarbeiterpastoral. Der Umgang mit Menschen, die Nähe und Kontakt brauchen, ist seither nur bedingt möglich. Wie also Menschen in ihren Nöten und Ängsten begleiten? "Eins der angebotenen Dinge - neben vielen anderen - war unser Seelsorgetelefon. Jeder, der das das Bedürfnis verspürte, mit jemanden zu sprechen, konnte diese Nummer wählen. Und dieses Angebot wurde sehr gut angenommen. Nachdem unsere Seelsorgenummer auch im Internet zu finden war, kamen Anrufe aus ganz Deutschland", beschrieb Margarethe Aigner ihre neue seelsorgerliche Arbeit. "Aber egal von wo auch immer angerufen wurde - ob aus Frankfurt a.M. oder aus Grafenau - alle Anrufer hatten das große Bedürfnis nach einem vertrauensvollen Gespräch. Sie brauchten konkrete Hilfe oder eben nur ein liebes Wort. Und das sollten sie bekommen. Die meisten Anrufer waren einsam und/oder traurig, brauchten Informationen über weiterreichende Hilfen oder sorgten sich um Angehörige. Erwähnenswert ist auch, da wirklich niemand unser Seelsorgetelefon aus Jux und Übermut angerufen hat. Es lag immer eine echte Notlage vor." Die Fachberaterin resümierte: Alle Gespräche haben gezeigt, dass der Mensch für ein gutes Leben den Kontakt zu anderen brauche. Isolation führt zwangsläufig zu Einsamkeit und psychischer Erkrankung. Und auch, dass Familien mit dem Lockdown eine viel zu große Aufgabe zugeteilt wurde und sie damit überfordert wurden. "Unser Leben ist schnell und vielfältig geworden. Die Globalisierung schenkt uns nicht nur Freiheit und Weite. Als eine immense Herausforderung für die Zukunft sehe ich die Aufgabe, die Menschen dort abzuholen wo sie im Leben stehen!"

Mensch ist Priorität

Auch Irene Hilz, die Aufsichtsratsvorsitzende im Caritasverband Freyung-Grafenau mahnt daher: Den Blick auf die Not der Menschen darf nicht aus dem Gesichtsfeld verloren werden. "Denn nicht alle können den akuten Anforderungen heute voll umfänglich gerecht werden. Für uns ist es eine Gratwanderung: zwischen Rentabilität und dem christlichen Auftrag gerecht zu werden. Denn Geld ist nötig. Geld, das gebraucht wird, diesen Auftrag zu erfüllen. Aber die Priorität soll und muss der uns anvertraute Mensch sein!"


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© Foto | Caritas FRG: Margarethe Aigner ist seit vier Jahren in der hauptberuflichen Caritasarbeit des katholischen Wohlfahrtsverbandes mit der Fachberatung betraut: Bei Klienten und bei Kollegen.


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